„Zeit für eine kurze Lektion.“, oder eher „Zeit für einen neuen Artikel.“
Vielleicht kommt dir dieser Satz bekannt vor, wahrscheinlich von einer der bekanntesten und einprägsamsten Sprachlern-Apps der Welt. Einprägsam nicht nur aufgrund des spielerischen Prinzips, sondern auch aufgrund des grünen Maskottchens in Form einer Eule. Wir sprechen natürlich von Duolingo.
Was sind die Techniken und Strategien und wie wurde diese App zu dem, was sie heute ist? All das erfahrt ihr in diesem Beitrag.
Geschichte und Entwicklung
Die App mit der kleinen grünen Eule als Maskottchen wurde 2011 von Severin Hacker und seinem Professor Luis von Ahn und der Carnegie Mellon Universität entwickelt.

Duos Methode und Lehransätze
Duolingo verfolgt laut der Website das Ziel, Sprachenlernen für alle zugänglich und unterhaltsam zu gestalten. Die kostenlosen Lektionen sind spielerisch aufgebaut, was den Lernprozess erleichtert. Hinter dem Spaß steckt jedoch eine bewährte Methodik, die das Langzeitgedächtnis stärkt und auf international anerkannten Lehrplänen basiert.
Duolingo konzentriert sich zum Teil auf reale Kommunikationssituationen. Die Lektionen sind zielorientiert, z. B. wie man in einem Restaurant bestellt. Dabei werden die Fertigkeiten Hören, Lesen, Schreiben und Sprechen trainiert, um den nötigen Wortschatz und die Grammatik zu erlernen.
Jedem Nutzer dieser App sind gewiss neben alltäglichen Sätzen auch schon kuriose Sätze wie „Dein Bär trinkt Bier“ begegnet, oder? Solche unerwarteten Inhalte bleiben besser im Gedächtnis und fördern das bewusste Nachdenken über die Sprache.
Duolingo setzt sowohl auf implizites Lernen, bei dem Muster selbstständig entdeckt werden, als auch auf explizite Erklärungen zur Grammatik und Aussprache. So werden sowohl intuitive Sprachkenntnisse als auch gezieltes Wissen gefördert und ausgeprägt.
Mithilfe von Machine-Learning-Algorithmen passt Duolingo die Lektionen individuell an den Fortschritt der Lernenden an. Zusätzlich werden Storys und Podcasts angeboten, die das Hörverständnis und die praktische Anwendung der Sprache fördern.
Durch regelmäßige Tests und Feedback optimiert Duolingo seine Kurse fortlaufend. Die Ergebnisse der Lernenden fließen in die Entwicklung neuer Inhalte und Tools ein, um das Sprachlernerlebnis ständig zu verbessern. So bleibt die Plattform aktuell und effizient.
Duolingo selbst verspricht: Duolingo macht so viel Spaß, dass viele es vorziehen, eine neue Fähigkeit zu lernen, anstatt Spiele zu spielen.
Doch wie nützlich sind diese Methoden? Erlernt man wirklich eine neue Sprache?
Wie effizient ist es?
Duolingo funktioniert wie ein Videospiel: Es setzt auf kurze, spielerische Lektionen, die mit Belohnungen und Level-Aufstiegen motivieren. Dieser Ansatz macht das Lernen unterhaltsam und sorgt für regelmäßige Wiederholungen.
Kritisch betrachtet bleibt das Lernen jedoch oft oberflächlich. Ähnlich wie bei vielen Handyspielen geht es mehr um den schnellen Fortschritt als um tiefes Verständnis. Der Fokus auf Spielmechaniken kann dazu führen, dass Nutzer eher versuchen, „das Spiel zu schlagen“, anstatt sich intensiv mit der Sprache auseinanderzusetzen. Das tatsächliche Sprachverständnis und die Fähigkeit, in echten Gesprächen komplexe Sätze zu bilden, bleiben oft auf der Strecke.
Aber liegt das am Konzept aller Sprachlernapps?
Eine weitere bekannte App zum Erlernen einer Fremdsprache ist Babbel. Das Motto „Sprachen lernen? Babbel!“ hört sich vielversprechend an. Aber ändert ein erfolgversprechender Spruch etwas an dem Lernkonzept und dem daraus folgenden Lernerfolg?
Ein Vergleich des Lernkonzepts von Duolingo und Babbel zeigt deutliche Unterschiede in der Herangehensweise beider Sprachlernapps. Babbel verfolgt ein strukturiertes, Schul-ähnliches Lernmodell mit thematisch gegliederten Lektionen. Diese beinhalten eine Einführung neuer Vokabeln und Grammatikstrukturen sowie darauf aufbauende Übungen, die ein vertieftes Lernen ermöglichen.
Im Gegensatz dazu setzt Duolingo, wie bereits beschrieben, auf eine spielerische Methode mit aufeinanderfolgenden Übungen und Punktvergaben. Neue Vokabeln werden kontinuierlich eingeführt, jedoch ohne tiefgehende Erklärungen zu Grammatikregeln. Das Lernen geschieht aus dem Kontext heraus, wobei die App auf motivierende Elemente setzt, um die Benutzer aktiv einzubinden.
Es deutet darauf hin, dass Babbel vor allem für systematisches und erklärungsorientiertes Lernen geeignet ist, während Duolingo ein unterhaltsameres, spielerisches Lernen bietet. Welches Konzept besser funktioniert, hängt stark von den individuellen Lernpräferenzen ab. Wenn es einem darum geht, eine neue Sprache tiefgreifend zu erlernen und vor allem zu verstehen, ist Babbel empfehlenswerter.
Persönliche Erfahrung
Als jemand mit einer über 700-Tage-Duolingo Streak, kann ich sagen, egal ob demotiviert, gestresst oder müde, habe ich meinen Tag nicht beendet, ohne den Forderungen der kleinen, penetranten, grünen Eule nachzugeben und meine tägliche Lektion zu absolvieren. Es ist wie ein weiteres ToDo auf einer ohnehin schon langen Liste. So sind es nicht immer ausschließlich positive und Erfolgsgefühle, die ich beim Benutzen der App verspürt habe.
Öfters sind es auch eher negative Emotionen, die in mir hochkommen, wenn ich an das Maskottchen der Sprachlernapp, seine (teilweise nervigen, passiv-aggressiven) Benachrichtigungen und auch oftmals skurrilen Sätzen, welche in den Lektionen weit verbreitet sind, denke. Wenn mich jemand fragen würde, ob mich Duolingo psychisch beeinflusst, würde ich dem schon teilweise zustimmen.
Egal, wie wenig ich an einem Tag vorhabe, kann ich nie richtig abschalten, weil immer noch der Gedanke da ist, dass es noch etwas gibt, was von mir erledigt werden muss. Schnell werden die ruhigen Ferien von einem klingelnden Geräusch unterbrochen, welches darauf hindeutet, dass ich eine weitere, vielleicht schon die fünfte Benachrichtigung an diesem Tag von Duo oder einem seiner Freunde bekomme. (Bsp: „Wie, du ignorierst Duo? Ganz schön mutig.“, „Du machst mir Angst. Mir sind Leute unheimlich, die ihre Lektion einfach nicht machen.“, „Du hast Duo traurig gemacht.“) diese sind zum Teil an ein Gefühl der Enttäuschung gebunden.
In den meisten Fällen ist es eine Erinnerung, meine „Streak“ doch ja nicht zu beenden, oder dass mich jemand von meinem Platz in der Rangliste „gedrängt“ hat. Sie geben mir das Gefühl, dass ich durch nur eine 5-minütige Lektion schon besser werden könnte, meistens ist das nicht der Fall, wodurch man noch weiter macht, um bloß nicht in die „Abstiegszone“ zu geraten und im schlimmsten Fall in eine niedrigere „Liga“ abzusteigen. Wenn man seine Streak einen Tag nicht verlängern kann, hilft Duo dir mit einer „Streak auf Eis“, also dass man für einen Tag aussetzt und die „Flammen“ nicht verlieren kann. Aber bei einem Abstieg von der Smaragdliga in die Rubinliga beispielsweise kann dir wirklich nur das Absolvieren einer weiteren Lektion helfen.
Klar, ist das alles nicht so extrem, wenn man die App nur zum Lernen der Sprache nutzt und den Konkurrenzkampf oder auch den Druck zum Aufbauen einer langen Streak ignoriert. Dies fällt oftmals schwer, da man überall, in der App, in Benachrichtigungen und auf Social Media damit konfrontiert wird. Zwar ist der Anreiz bzw. die Motivation zum Erhalten der Streak gut, damit man „am Ball bleibt“ und konsistent lernt. Die Frage ist nur, ob man das Lernen der Sprache ab einem bestimmten Punkt nicht doch vernachlässigt und die Lektionen nur macht, damit die Eule nicht wütend wird oder dich zu Hause heimsucht, wie sie es in TikToks manchmal androht.
Zusammenfassend kann man also festhalten, dass Duolingo eine abwechslungsreiche und kreative Sprachlernapp ist, bei welcher sich die Entwickler immer wieder neue Features einfallen lassen um aktuell und im Gespräche zu bleiben. Durch ihr spielerisches Konzept weist die App viele positive Seiten auf, wodurch das Lernen jedoch oft in den Hintergrund rückt.
Also, da die „Zeit für einen neuen Artikel“ jetzt vorbei ist, wird es wohl wieder „Zeit für eine kurze Lektion“.
von Gerda Pieper und Minna Arendt