Eine Ära geht zu Ende. Ein ganz Großer verlässt die Lehrerbühne. Zum Ruhestand des beliebten Sozialkunde und Deutschlehrers haben wir nochmal um ein Interview gebeten. Herr Zocher erklärte sich natürlich sofort bereit mit uns kurz vor seinem Ruhestand zu sprechen. Wir freuen uns, dass er unseren Koboldt lobt. Danke Herr Zocher für die gute Arbeit an dieser Schule. Wir wünschen alles erdenklich Gute für die Zukunft.
Koboldt: Wie lange haben Sie als Lehrer gearbeitet?
Zocher: Jetzt hier in Greifswald 31 Jahre und vorher noch kurze Zeit in Hessen. Die Schule gab es in der Form hier erst seit einem Jahr. Da war viel Neuanfang.
Koboldt: Was hat Ihnen am Unterricht am meistens Spaß bereitet?
Zocher: Am Anfang war das alles ein bisschen schwierig. Alles war neu und die Routinen kamen erst später. Aber man konnte vieles individuell entscheiden. Heute ist alles viel mehr durchgetaktet, da kriegt man nur noch wenige Freiräume. Ich bin hier in eine sehr nette Gemeinschaft gekommen. Als Wessi wurde man natürlich erst mal schief angeguckt, aber statt von oben herab zuschauen, war ich hier der Lernende. So blöd habe ich mich wohl nicht angestellt. Die Truppe mit der ich hier angefangen habe, mit der sind wir hier auch reingewachsen. Das passte alles sehr gut zusammen
Koboldt: Gab es dabei ein Thema welches Sie im Unterricht interessiert hat?
Zocher: Verschiedene Sachen. Auch die Gestaltung in diesem Raum (H36, „Herr Zochers Raum“). Da sieht man einmal die Deutsche Geschichte. Um die Stelle hier zu bekommen musste Ich die erste Zeit auch Philosophie unterrichten. Obwohl ich das Fach in der Schule nicht mochte, hab ich mich dann rein gefuchst und das ging auch.
Koboldt: Alles durchgetaktet, Philosophie unterrichtet. Gab es noch andere Herausforderungen in Ihrer Laufbahn?
Zocher: Eine Zeit lang habe Ich auch Religion gemacht. Irgendwann fiel auf das ich das gar nicht studiert habe, das hatte ich auch nie behauptet. Dann sollte ich parallel noch zur Uni. Das war mir dann zu viel, das wollte ich nicht. Hier gab es auch mehr Arbeitsstunden, drei mehr als in Hessen, das läppert sich. Entscheidend ist, dass einem das Spaß macht als Lehrer. So ältere Zeitfresser im Kollegium habe Ich da nicht verstanden. Ich wollte den Unterricht zumindest etwas dynamischer gestalten.
Koboldt: Sind ihnen in Bezug auf die Schüler im Laufe der Zeit Veränderungen aufgefallen?
Zocher: Ein bisschen schon, auch durch die dazugekommenen Ablenkungsmöglichkeiten. Das darf man aber nicht verteufeln und verbieten. Ich selber kann damit nicht so viel anfangen, aber man gewöhnt sich schon dran. Bis ein Lehrer hier so die Beamer anbekommt vergeht viel Zeit. Ein Polilux war dort etwas einfacher und schneller zu bedienen.
Koboldt: Man kennt Sie ja auch als sehr politikinteressiert. Welche politischen Ereignisse haben Sie beeinflusst?
Zocher: Familiär habe ich das mitbekommen. Mein Großvater wurde ganz zornig, wenn Willy Brandt eine Rede im Fernsehen hielt. Dort musste sofort umgeschaltet werden. „Der verkauft uns an die Roten“ hieß es. Zwei Weltkriege hat mein Großvater miterlebt, da ist man halt konservativ geprägt. Brandt brachte Schwung. Ich hatte auch die Anfänge der 68er mitbekommen das war neu. Natürlich die Wende mit Kohl, da hatte er die Gelegenheit am Schopf gepackt, sonst wäre es zu spät gewesen. Aber so richtig mit Haut und Haar hat mich nie eine Partei überzeugt.
Ich wurde vor Stellenantritt hier gefragt: „Wollen sie da wirklich hin?“. Klar, ich wollte ans Meer. Damals hieß es denn Verbeamtung für alle und dann kam aber nichts. Ich bin da genau in so eine Lücke gefallen, aber Ich wollte dann auch nicht gleich wieder zurück in den Westen. Dort hat man mehr verdient.
Koboldt: Was haben Sie im Ruhestand vor? Gibt es Pläne?
Zocher: Dann warte ich auf den Tod. Nein, aber Ich muss erst mal Aufräumen, das dauert. Meine Frau geht auch in Rente.
Koboldt: Ein paar Dinge haben Sie schon genannt. Haben Sie noch andere Sachen die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?
Zocher: Wettbewerbe. Zum Thema Wiedervereinigung hatten wir mit einer Klasse mal eine kreative Arbeit fabriziert. Dort hatten wir den ersten Preis gewonnen, eine Fahrt nach Brüssel, eine Woche lang, mit 100 Mark Taschengeld für jeden. Auch die Fahrt ins Riesengebirge damals. Das Kollegium war wirklich Klasse. Da hat man sich gut verstanden.
Koboldt: Haben Sie denn noch Tipps, die Sie jüngeren, neuen Lehrern geben könnten?
Zocher: Vieles nicht so verbissen sehen. Man kann nicht verhindern, dass die Schüler zum Penny gehen in den Pausen. Unser Chef ist da ja sehr Locker. Wir sind keine unnötig strenge Schule. Man muss sich auch nicht so steif an den Rahmenplan halten, das sagt doch schon der Name.
Ich will unbedingt, dass Frau Albrecht aus dem Sekretariat noch erwähnt wird. Die macht Ihren Job mit so einer Gelassenheit, da kann man nur den Hut vor ziehen. Genauso der Hausmeister, dem ich beste Genesung wünsche.
Herr Zocher ist legendär.
Herr Zocher ist eine Legende.