Tomaten auf den Augen: Frucht oder Sünde oder unaufmerksamer Fahrer?

Sehr fragwürdige und seltsame Redewendungen sind in unserem Sprachgebrauch keine Besonderheit. Doch wie entstehen diese Sprichwörter? Hier erscheinen regelmäßig Erklärungen zu den komischsten Phrasen. Es wird euch wie Schuppen von den Augen fallen!  

Gurken auf den Augen zu haben ist ja nicht so ungewöhnlich. Wie wir wissen, soll das ewige Jugend spenden. Doch Tomaten auf den Augen zu haben, ist nicht so eine gewöhnliche Sache. Wer es an den Kopf geschmissen bekommt, die rote Frucht auf den Augen zu haben, hat wahrscheinlich etwas wichtiges übersehen oder nicht bemerkt. Doch woher kommt dieses, doch etwas kuriose, Sprichwort? Es gibt drei Erklärungen, mal mehr, mal weniger offensichtlich.

Im ersten, und wohl auch dem langweiligsten Ansatz, hat das Sprichwort die ursprüngliche Bedeutung übernächtigt und verschlafen auszusehen. Das kommt von geröteten Bindehäuten und geschwollenen Augenpartien, die mit etwas Fantasie wie Tomaten aussehen.

Die zweite Erklärung stammt aus einer Zeit, als an Ampeln statt Blitzern noch Verkehrspolizisten aufgepasst haben (fragt mal eure Eltern, vielleicht kennen die das noch). Wenn schließlich Autofahrer*innen trotz grüner Ampel nicht in die Gänge kamen (wortwörtlich), haben die Polizisten gesagt, dass sie Tomaten auf den Augen hätten und statt grün rot sähen. 

Die letzte und wirklich schönste Erklärung kommt aus dem Mittelalter, genauer gesagt aus dem mittelalterlichen Spanien (wenn eure Eltern sich auch daran noch erinnern, würde ich mir echt Sorgen machen). Dort galt die Tomate lange als Frucht der Sünde. Verbrecher, Betrüger und Ehebrecher bekamen oft das Urteil ,,tomates en los ojos”, also Tomaten auf den Augen. Die Strafe demütigte sie vor der ganzen Stadt: Die Verurteilten mussten wochen- oder sogar monatelang mit auf die Augen gebundenen Tomaten rumlaufen! 

Ob sie danach noch Appetit auf Tomatensauce hatten? 

Autorin: Olga Scharnweber
Illustration: Hannah Krüger

Koboldt

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