Der 6. November markiert einen historischen Tag in der deutschen Geschichte. Bestückt mit zukunftsprägenden Ereignissen, wie der Sieg Trumps bei den US- Wahlen, aber vor allem auch das plötzliche Ampel- Aus und die damit eingehenden Neuwahlen. Nun suchen viele Bürger nach Gründen des Zusammenbruchs und es kommen Fragen über das weitere Vorgehen in der Politik auf.
Wirtschaftsbrief als vermeintliches ,,Scheidungspapier´´
Am Abend des schicksalhaften Tages tritt Bundeskanzler Olaf Scholz vor die Presse und wirft dem ehemaligen Finanzminister Christian Lindner auf einer, sonst sehr ungewohnten, leidenschaftlichen Art und Weise den Vertrauensbruch vor und gab die daraus resultierende Kündigung dessen preis, sodass sich die gesamte FDP aus der Regierung zurückzog . „Zu oft hat er kleinkariert, parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen“. Anhand des zuletzt aufkommenden Unmuts, der das Fass immer weiter zum Überlaufen brachte, lässt sich die emotionsgeladene Rede erklären. Grund dafür, sei vor allem das 18- seitige Grundsatzpapier zur Wirtschaftspolitik Lindners gewesen, in welchem er unter anderem Verschiebungen der Klimaschutzziele anspricht. Dabei fordert er eine neue Anvisierung der Klimaneutralität und hält das Jahr 2050 als geeigneter, als das ursprünglich vorgesehene 2045. Auch besteht er auf weitere Einsparungen im Bundeshaushalt, die durch Steuersenkungen und einen 3- jährigen Regulierungsstopp geschaffen werden sollen, wobei die Schuldenbremse und die Begradigung zu großer Bürokratie ebenfalls zentrale Punkte gewesen seien. Auch Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) sieht die von Lindner angestrebte „Wirtschaftswende mit einer teilweise grundlegenden Revision politischer Leitentscheidungen“ als Provokation. Hierbei stehen die Forderungen in dem Schreiben von Lindner sehr stark im Kontrast zu den Vorstellungen, in dem von Habeck zuletzt veröffentlichten, milliardenschweren Staatsfond. Weitere Fraktionsmitglieder der SPD kritisieren die inhaltliche Allgemeinheit des Briefes, sowie Gegensätze zum Koalitionsvertrag.

Entgegnung Lindners: Indiskretion und mangelnde Kompromissbereitschaft
Laut Christian Lindner war der Brief nicht der Öffentlichkeit bestimmt, sondern es war eine Diskussion im engsten Kreis der Bundesregierung vorgesehen. So ist man der Annahme, das Schreiben wurde „durch eine Indiskretion anderswo“ publik gemacht. Schuldzuweisung am Zusammenbruch der Ampel weist Lindner geradlinig an den Kanzler zurück. Scholz habe die lange Notwendigkeit verkannt, dass Deutschland einen wirtschaftlichen Aufbruch benötige. „Seine Gegenvorschläge sind matt, unambitioniert und leisten keinen Beitrag, um die grundlegende Wachstumsschwäche unseres Landes zu überwinden.“ Der Forderung des Kanzlers, die Schuldenbremse dem Grundgesetz auszusetzen, könne Lindner nicht nachgehen, andernfalls hätte er seinen Amtseid gebrochen, so erklärt er. Zuvor soll der ehemalige Finanzminister den Vorschlag gemacht haben, einen gemeinsamen Weg zu den Neuwahlen zu gehen, um geordnet und in Würde eine neue Bundesregierung zu ermöglichen, auch diesen lehnte der Kanzler ab.
Weitere Verlauf: Vertrauensfrage und potenzielle Szenarien
Gemäß Art. 68 im Grundgesetz kann der Kanzler am 11. Dezember die Vertrauensfrage schriftlich beantragen, um sich zu vergewissern, ob seine Politik noch genügend Zuspruch im Parlament findet. Anbei kann man anmerken, dass die Vertrauensfrage bisher erst 5 Mal gestellt wurde, zuletzt griff Gerhard Schröder im Juli 2005 zu diesem Mittel. Findet der Antrag von Scholz nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestags, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen 21 Tagen den Bundestag auflösen. Das Recht zur Auflösung erlischt, sobald der Bundestag mit Mehrheit seiner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt. Außerdem müssen zwischen Anfrage und Abstimmung 48 Stunden liegen, daher findet die Abstimmung am 16. Dezember statt.
Aktuell führt der Kanzler nur noch eine rot- grüne Minderheitsregierung an, daher bleibt ihm bei Frage nach der Zustimmung des Vertrauens auch keine Mehrheit bestehen. So ist es durchaus nachvollziehbar , dass der Bundespräsident Frank- Walter Steinmeier den Bundestag innerhalb von 21 Tagen auflöst. „Zu dieser Entscheidung stehe ich bereit… unser Land braucht stabile Mehrheiten und eine handlungsfähige Regierung. Das wird mein Prüfmaßstab sein.“ Andernfalls müsste sich Scholz bei neuen Gesetzbeschlüssen, mühsam Stimmen der Opposition erkämpfen und die Entscheidungsfindung wäre ungemein kompliziert. Nun ist Ersteres der Fall, es kommt es zu den Neuwahlen, welche nach Artikel 39 im Grundgesetz innerhalb von 60 Tagen stattfinden müssen. Die Union und SPD verständigten sich mit dem Bundespräsidenten bereits auf den 23. Februar, als Datum der Neuwahl. Solange bleibt das ursprüngliche Kanzleramt von Olaf Scholz bestehen, bis ein neuer Kanzler und seine Minister ernannt sind.

Spitzenkandidaten und Prognosen
Vorbereitungen sowohl innerhalb der Parteien, aber auch im gesamten Land laufen bereits auf Hochtouren. Ob Wahlräume, die Ausbildung und Schulung weiterer Wahlhelfer oder das Versenden von Wahlbenachrichtigungen an mehr als 60 Millionen Wähler. Dennoch ist Wahlleiterin Ruth Brand positiv gestimmt und versichert, dass der Termin unkritisch sei und halte ihn für sehr wohl rechtssicher durchführbar. Nun veröffentlichen auch die Parteien die Namen ihrer Kanzlerkandidaten und begeben sich bereits in den Wahlkampf. Dabei startet die SPD mit Olaf Scholz, nicht mit ihrem beliebtesten Kandidaten in das Rennen. Gerade die gescheiterte Ampel- Koalition rund um Scholz und die daraus resultierenden, schlechten Umfragewerte führte einige Parteimitglieder zu dem Schluss, sich für den umfragestärkeren Verteidigungsminister Pistorius auszusprechen, welcher anschließend jedoch mitteilte, dass er nicht zur Verfügung stehe. Friedrich Merz erhielt innerhalb der CDU hingegen die größte Zustimmung, welcher auch selbstbewusst ankündigte, dass Deutschland in den nächsten Monaten den Friedrich Merz kennenlernen werde, der er sei. Der Name des Spitzenkandidaten der Grünen steht schon seit längerer Zeit fest, nachdem Annalena Baerbock im Juli ankündigte, dass sie nicht erneut an der Spitze stehen möchte. So führt Robert Habeck seine Partei mit 96,5 % Zustimmung durch den Wahlkampf. Innerhalb der AFD einigte man sich auf Alice Weidel als Kanzlerkandidatin und somit auf die erste Frau, welche dieses Amt belegt. Mit dieser Maßnahme macht die, vom Verfassungsschutz in Teilen als rechtsextrem eingestufte Partei ihren Regierungsanspruch deutlich.
Schon jetzt kursieren aktuelle Umfragen und es lassen sich bereits realistische Prognosen, bezüglich der Bundestagswahlen aufstellen. Dabei fällt vor allem auf, dass die CDU mit 30,6 % die führende Partei im Bundestag wird. Einen Zuwachs von 8% im Vergleich zu den Wahlen 2021 erhält die AFD mit 20,2 % und landet somit auf dem zweiten Platz in den Statistiken. Die Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung hat sie jedoch nicht, da keine andere Partei mit ihr kooperieren will. Kurz dahinter reiht sich die SPD, mit einem deutlichen Abfall von Stimmen auf 15,9 %, aufgrund bereits genannter Gründe, ein. Die Grünen können mit 13,7 % auch auf einen vielversprechenden Platz in der Regierung hoffen. Das neu gegründete BSW rund um Sahra Wagenknecht steht, nach aktuellen Statistiken mit knapper Überschreitung der 5% Grenze, ein Platz im Bundestag zu. Hingegen deutet mit 4% der Stimmen für die FDP alles darauf hin, dass die Freien Demokraten, ganz anders als noch vor wenigen Monaten, in Zukunft keine Position im Bundestag besetzen. Ebenso schafft es die Linke mit fast 3,5 % erneut nicht, die nötige 5% Grenze zu überschreiten, um im Bundestag mitzuwirken. Die sich draus ergebende Sitzverteilung kann man in der unten stehenden Grafik ablesen, ebenso wie die möglichen Koalitionen, wobei Zusammenarbeiten mit der AFD unwahrscheinlich sind.

In der Zukunft sollen die Neuwahlen vor allem einen Neuanfang in der deutschen Politik ,noch geprägt von viel Misstrauen und mangelnder Stabilität, bedeuten, an welchem sich die Bevölkerung Deutschlands beteiligen kann, damit die kommenden Zeiten mehr Zusammenhalt und Hoffnung für jeden kennzeichnen.
Quellen:
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/ampelkoalition-scholz-lindner-neuwahlen-102.html
https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_68.html
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/lindner-positionspapier-100.html
https://www.tagesschau.de/inland/bundestagswahl/parteien/kanzlerkandidaten-bundestagswahl-100.html
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/bundestagswahl-termin-kandidaten-umfrage-100.html
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-11/ampel-bruch-christian-lindner-wortlaut
Bildquellen:
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/ampel-scholz-entlassung-lindner-100.html