Fast-Fashion- Billig, doch wer zahlt den Preis?

Obwohl unsere Schränke voll sind, kaufen wir ständig neue Kleidung und entsorgen alte Stücke ohne lange zu überlegen. Auch wenn unser Konsum stetig steigt, fühlen wir uns trotzdem nie den Trends entsprechend angezogen- zumindest nicht langfristig. Das Problem liegt jedoch nicht in unserem schwankendem Kleidungsstil, sondern in einem ausgeklügelten, für uns ausgelegtem System: Fast-Fashion. Fragen wir uns doch einfach einmal, wie es möglich ist, dass unsere brandneuen Artikel weniger kosten, als ein Kaffe?

Die Geschichte von Fast-Fashion

Schon seit der industriellen Revolution tendieren wir dazu, Kleidung aufgrund unseres inneren Drangs nach sozialer Anerkennung zu kaufen und immer weniger wegen einer wirklich bestehenden Notwendigkeit. Über die Jahre rückte die Menge an billiger, massenproduzierter Mode weiter in den Vordergrund und erreichte während des Wirtschaftswunders in den 1980er Jahren ihren Höhepunkt. Anfänglich versuchten die Marken mit der sogenannten „Quick- Response- Strategie“ ihr Angebot eng auf die schwankende Nachfrage abzustimmen. Einfach gesagt: Die Unternehmen verweilen in ständiger Bereitschaft und warten nur darauf, auf den neuesten Trend zu regieren.Im Zuge des verdoppelten Bevölkerungswachstums, verdreifachte sich die Textilproduktion, sodass im Jahr 2014 rund 14 Kleidungsstücke pro Person produziert wurden. Doch wie ist es möglich innerhalb von wenigen Monaten, Wochen oder sogar Tagen, eine ganze Produktion anzupassen und im Minutentakt die brandneuen Artikel auf den Markt zu bringen?

Das System hinter Schneller Mode

Digitalisierung und Konsumverhalten

Zunächst profitiert das Modell Fast- Fashion vor allem von dem Zuwachs des Einflusses von Social Media auf uns als Konsumenten. So bestärkte die Digitalisierung nicht nur unsere Tendenz, Kleidung online zu kaufen, sondern auch die Möglichkeit des digitalen Marketings diverser Modeanbieter. Durch die Verfolgung unserer Daten, können die Unternehmen uns immer akkuratere und vor allem schnellere, auf uns abgestimmte Artikel präsentieren. Nicht nur diese Strategie vermittelt uns das sogenannte „Fear of Missing Out“ , einen neuen Trend zu verpassen, auch Influencer beeinflussen die Konsumentscheidung ihrer Follower und begünstigen dabei bedauerlicherweise leider auch oft den impulsiven Konsum nicht- nachhaltiger Fast- Fashion Artikel.

„Schnelle Mode“ ist nicht nur ein bloßer Slang, sondern steht für die Produktionsstrategie, verbunden mit enorm niedrigen Preisen, aber auch der kurzen Lebensdauer der Artikel. Große Branchen produzieren qualitativ minderwertig zugunsten schneller und günstiger Herstellung. Solange die Kleidung billig ist, ermöglichen die Unternehmen uns eine Möglichkeit zur kurzfristigen Befriedigung von Konsumwünschen, was gerade die Impulskäufer dazu veranlasst, den geringen Betrag zu zahlen, um die trendigen Produkte zu erhalten. Dies suggeriert selbst bei Käufern mit einer umweltfreundlichen Einstellung kein umweltfreundliches Verhalten.

Produktionsbedingungen und Materialien

Um diese ausgeklügelte Produktionsstrategie zu optimieren, kommt es zum Einsatz günstiger, fossiler Fasern. Zum dominierenden Material gehören Polyester, Acryl und Nylon, die allesamt aus fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas gewonnen werden. So kostet die Synthetikfaser Polyester pro Kilogramm nur halb so viel wie Baumwolle. Shein sit bei der Herrstellung seiner Kleidung beispielsweise zu 82% auf Kunststoffe angweisen. Als wichtigster Produktionsstandort, auch für Deutschland, behaupten sich Asien und Bangladesch (s. Abbildung 1), aufgrund seiner geringeren Löhne im Vergleich zu Europa, weniger strengen Arbeits- und Umweltauflagen und die hohe Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Laut der International Labour Organization beschäftigt die Textilindustrie allein in Asien 40 Millionen Menschen. Ungeachtet bleiben dabei die ökologische Nachhaltigkeit und die Arbeitbedingungen während des Herstellungsprozesses.

Abbildung 1

Ein weiteres intensives Wachstum im Textilsektor wird prognostiziert und damit einhergehend eine exzessive und nicht nachhaltige Entwicklung. Wie viel kostet uns billige Massenware also wirklich?

Folgen der Fast-Fashion- Industrie

Ressourcen- und Umweltbelastung
Abbildung 2

Fast-Fashion ist nicht nur der zweitgrößte Wasserverbraucher weltweit, sondern begünstigt auch die Verschmutzung der Umwelt. Dabei gelangen unter anderem Farben und Chemikalien aus der Textilproduktion ins Abwasser, wobei dies in vielen Produktionsländern besonders besorgtniserregend ist, aufgrund der Tatsache, dass diese oft keine Kläranlagen besitzen und den Chemikalien somit eine ungefilterte Einleitung in Flüsse geboten wird. Hinzu kommt, dass die chemischen Fasern, wie das bereits erwähnte Polyester bei jeder Wäsche Mikropartikel freisetzen, von denen in Deutschland jährlich 80- 400 Tonnen in die Umwelt gelangen. Auch wenn die Synthetikfasern in über 70 Prozent unserer Kleidung zu finden sind, dürfen wir uns auch nicht von der vermeintlichen Ökobilanz des Baumwoll-Hemdes täuschen lassen. So benötigt die Herstellung einer Hose mit 90% Baumwollanteil 15 Wannen mit Wasser (s. Abbildung 2).

Abbildung 3

Zudem fordert der Baumwollanbau große Wassermengen in ohnehin schon trockenen Gebieten mit Wassermangel, wie China, Indien oder Teilen der USA (s. Abbildung 3). Beispielsweise bedarf es im Land des viertgrößten Baumwollproduzenten der künstlichen Bewässerung, aufgrund der Dürreperioden. Die folgenschweren Auswirkungen sind das Sinken des Wasserstandes des Aralsees um 95% seit den 1960er Jahren. Die Trockenheit in den Produktionsländern verleitet außerdem zum Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln. Deren Produktion große Mengen an Lachgas (N₂0), was 300 Mal klimasschädlicher als CO₂ ist und somit die Böden und Ökosysteme stark belasten.

Soziale Folgen

Katastrophale Arbeitbedingungen, Geschlechterdiskriminierung, Zwangs- und Kinderarbeit: Das Risiko, Menschenrechte zu verletzen liegt bei einer Wahrscheinlichkeit von 65% (s. Abbildung 4). Wovon große Unternehmen und auch wir, die Konsumenten profitieren, dafür zahlen die vielen Arbeiterinnen den Preis. Normalerweise ist die Herstellung von Kleidung ein arbeitsintensiver Prozess, daher suchen die Fast-Fashion Branchen bewusst nach Produktionsstandorten, an dem sie billige Arbeitskräfte finden. Diese Möglichkeit bieten vor allem asiatische Länder, wie Bangladesch, in denen es keine geregelten Arbeitbedingungen und faire Mindestlöhne gibt, wobei gerade in Bangladesch eine hohe Frauenquote mit 80% herrscht.

Während die tägliche Arbeitszeit in Deutschland normalerweise maximal 8 Stunden betragen darf, schuften die Arbeiterinnen der Textilindustrie alle 7 Tage in der Woche bis zu jeweils 16 Stunden. Obwohl diese Frauen mit Handarbeit unter hoher Belastung nähen und flicken, bleibt ein existenzsichernder Lohn aus. Solange eine Frau für diese Arbeit leidglich 130 $ im Monat verdient, sollten wir uns nicht über die überraschend niedrigen Preise der neusten Jeans wundern.

Abbildung 4

Ein weiteres Beispiel zeigt, wie staatlich organisierte Zwangs- und Kinderarbeit selbst in unserer Zeit noch verbreitet ist. So war es bis etwa 2015-2018 in Usbekistan üblich, Schülerinnen und Schüler von den Schulen abzuholen, um wochenlang Baumwolle zu pflücken. Erst nachdem internationale Boykotte Druck auf das System erzeugten, wurden in den letzten Jahren Reformen umgesetzt.

Der Einsturz eines merstöckigen Gebäudes in Bangladesch im Frühjahr 2013, bei welchem 1100 Textilarbieterinnen um Leben kamen, veranschaulicht die Missachtung jeglicher Sicherheitsstandards und den unmenschlichen Arbeitsbedingungen. Mangelhafte Arbeitkleidung begünstigt auch die Entstehung weiterer Gesundheitsrisiken, wei die sogenannten Sandstrahlen dar, welche eine Technik beschreiben, bei der den Jeansprodukten der berühmte Vintage-Look verliehen wird. Doch was für uns der entscheidende Feinschliff unserer Mode ist, bedeutet für die Näherinnen die Erkrankung an akuter Silikose beim Einatmen des kristallinen Quarzes. Diese unheilbare Lungenkrankheit entsteht bei dem Einatmen des quarzhaltigem Sand der unter Hochdruck auf den Jeansstoff bestrahlt wird. Aber auch bei der Verarbietung von Leder kommt es zur Freisetzung von krebseregenden Stoffen, die zu Hauterkrankungen, Verbrennungen und Organschäden führen. Die dabei entstehenden Chemikalienrückstände können sogar noch gesundheitliche Auswirkungen auf uns als Verbraucher haben, wenn man bedenkt das einige von diesen krebserregnd oder hormonell wirksam sind.

Klimabelastung und Entsorgung

Mit bis zu 10% der weltweit schädlichen Treibhausgasemissionen verursacht die Modeindustrie mehr Emissionen als die Luft- und Schifffahrtsbranche. In folgender Tabelle 1 ist der Ausstoß an den enstehenden Schadstoffen nachzuvollziehen:

Tabelle 1

Die günstigen Materialien haben ein weiteres Problem: Sie sind nur bedingt bis überhaupt nicht zu recyceln, sodass sich die Fasern nicht zur Herstellung neuer Kleidung eignen. Schon während der Herstellung dieser synthetischen Fasern kommt es zu einem massiven Verbrauch fossiler Energie. Neben den durchgängig laufenden Arbeitmaschinen- überweigend betrieben mit Kohle, Diesel und Gas, stellen auch die vielen Transportstationen der Fast-Fashion Artikel bis zum Shop eine Herausforderung für die Umwelt dar. Die geringen Transparenz der Branchen zeugt von einem indirekten Eingeständnis des klimaschädlichen Prozesses.

Das Schlimmste: Die auf Amazon und H&M retournierte Kleidung nicht etwa vernichtet wird, sondern in Form von riesigen Müllbergen in der Atacama-Wüste landet. Die 39.000 Tonnen der weggeschifften Neuware landet in der trockensten Wüste der Welt, womit starke Umweltprobleme verbunden sind.

Noch absurder gehts nicht? Doch. Anstatt die Kleidung einfach rücksichtlos wegzuwerfen, verbrennen diverse Modefirmen Ihre eigenen Produkte regelmäßig und verschleiern dies fälschlicherweise als eine Möglichkeit das Abfallaufkommen in Deponien zu reduzieren und Energie zurückzugewinnen- nebenbei bemerkt wird gerade dadurch der Ausstoß von Treibhausgasen und toxischen Substanzen erhöht.

Was können wir tun?

Nun sorgt die bewusst eingesetzte Strategie der Modebranchen und das vermittelte „Fear of Missing out“ auch bei umweltfreundlich- gesinnten Käufern für Herausforderungen beim Kleidungskauf. Wie können wir bei den endlosen zusätzlichen Faktoren, der passende Stil, die schönste Farbe und den Trends entsprechend noch auf die Nachhaltigkeit beim Kauf beachten? Unser Modekonsum scheint voller Stress, während wir den neusten Kollektionen hinterherschnellen. Nachhaltig Kaufen schließt deshalb aber nicht die Möglichkeit aus, trotzdem entspannt zu shoppen. Doch wie soll das funktionieren?

Rund 20% unserer Kleidung tragen wir nicht. Anstatt also schellstmöglich den neusten Trends hinterherzujagen, empfiehlt es sich, gewissenhaft und mit Zeit seine Auswahl zu treffen. Das heißt, hochwertige Kleidung kaufen die langlebig ist. Manche wollen nun womöglich voreilige Schlüsse ziehen und behaupten, dass der Preis bei den qualitativeren Artikeln auch deutlich höher sei, was zunächst nicht falsch ist. Vergleichen wir jedoch Qualität mit Preis, bemerken wir schnell, dass die Summe der Preise für die kurzlebige Billigware weitaus höher ist, als die der einmalig gekauften langlebigen Kleidung. So spart uns längeres Tragen nicht nur Geld, sondern auch Ressourcen. „Buy less, boy better“ lautet das Kernprinzip und schont unsere Ressourcen und damit unsere Umwelt durch den längere Nutzen.

Da es dennoch fälschlicherweise Kleidung gibt, die zwar teuer, aber dennoch nicht nachhaltig produziert wurde, sollte man sich über die Hersteller informieren. Einige Firmen setzen bereits ausschließlich nachhaltige Rohstoffe zur Produktion unserer Artikel ein und reduzieren dabei noch die Verwendung giftiger Chemikalien z.B. beim Färben. Zudem werden gezielte Maßnahmen unternommen, um die Sozialstandards in den Produktionsprozessen zu verbessern. Dazu können wir uns auch an Nachhaltigkeitssiegeln orientieren, wie das staatliche Siegel „Grüner Knopf“, welches die Glaubwürdigkeit, Umweltfreundlichkeit, aber auch Sozialverträglichkeit prüft und bestätigt. Weitere Siegel und ihre Glaubwürdigkeit werden auf www.siegelklahrheit.de bewertet.

Nun zeigen selbst qualitativ hochwertige Kleidungsstücke nach einiger Zeit Verschleiß, aufgeriebene Stellen und auseinandergehende Nähte. Dies sollte uns jedoch nicht dazu veranlassen, die Kleidung umgehend zu entsorgen. Viel mehr lohnt sich eine Reparatur der kaputten Stellen. Auch können wir selbst dafür sorgen, dass wir die Lebensdauer unser Kleidung verlängern, indem wir uns beim Waschen an die Anweisungen am Etikett orientieren.

Da es jedoch auch unvermeidbar scheint, dass uns bestimmte Kleidungsartikel nicht mehr passen, gibt es dennoch zahlreiche Möglichkeiten zur Weitergabe. Ob die Weitergabe im Bekanntenkreis, der Verkauf auf Flohmärkten oder die Altkleidersammlung. Alle Wege auf denen unsere Kleidung nicht zerstört, sondern wieder getragen wird, leisten einen großen Beitrag zur Bekämpfung der Umweltkrise.

Auch Secondhandladen bieten uns die Möglichkeit, sogar ältere Trends neu aufleben zu lassen und gleichzeitig die Wiederverwendung von bereits getragenen Artikeln. Seconhand reduziert die Nachfrage nach ständig neuer Fast-Fashion Mode und unterstüzt damit nachhaltige Konsumgewohnheiten. Dabei kosten die angebotenen Artikel deutlich weniger als neue Kleidung und auch Markenkleidung wird nur zum Bruchteil des ursprünglichen Preises verkauft.

Nun wissen wir also, warum unser T-Shirt weniger als Kaffee kosten kann und wer den wahren Preis dafür zahlt. Das „schnelle Mode“ Phänomen zeigt uns, dass Nachhaltigkeit in sozialen, als auch in umweltlichen Aspekten nicht selbstverständlich ist. Deshalb liegt es an uns, reflektierter und kritischer mit unserem Konsumverhalten umzugehen. Lasst uns gemeinsam transparenter mit den negativen Auswirkungen von Fast-Fashion umgehen, um in Zukunft mehr Klarheit beim Kauf unserer Kleidung zu schaffen. Die Umwelt und Menschen betreffen uns alle, weshalb wir verantwortung übernehmen müssen, bevor der Preis dafür endgültig zu hoch wird.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Importe von Bekleidungsartikeln im Jahr 2018 sortiert nach Gewicht

Abb.2: Modellierung des Wasserverbrauchs zur Herstellung von ausgewählten Bekleidungsartikeln (mindestend 90% Baumwollanteil)

Abb.3: Darstellung des Wassermangels auf Landesebene und Eintrag der wichtigsten Anbauländer für Baumwolle

Abb.4: Darstellung des durchschnittlichen Risikoniveaus von Verstößen gegen Sozialstandards in der Produktion unserer Textilien von Faserherstellung (Baumwollanbau) bis zur Endfertigung

Tabellenverzeichnis:

Tabelle 1: Pro-Kopf-Emissionen an Luftschadstoffen des deutschen Konsums an Bekleidungsartikeln (2015)

Quellenverzeichnis:

https://kinder.wdr.de/tv/neuneinhalb/neuneinhalb-lexikon/lexikon/f/lexikon-fast-fashion-100.html Autor: unbekannt, Stand: (11.07.2025)

https://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/dp187.pdf Autor: Kathrin Röderer, Danila Zanini- Freitag Stand: (2023)

https://greenpeace.at/kampagnen/fast-fashion/ Autor: unbekannt  Stand: unbekannt

https://endlichfair.de/news/fast-fashion/#Produktionsstandorte Autor: Julian Stand: unbekannt

https://forumue.de/rundbrief-1-2025-kleider-machen-probleme/in-oel-gekleidet/ Autor: unbekannt Stand: (2025)

https://wir-lieben-recycling.de/fast-fashion-tragoedie-fuer-mensch-und-umwelt/ Autor: Tanja Schweitzer Stand: 26.01.25

https://www.bundesumweltministerium.de/themen/nachhaltigkeit/konsum-und-produkte/produktbereiche/mode-und-textilien Autor: Bundesumweltministerium Stand: (30.01.2025)

https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/uba_kleider_mit_haken_bf.pdfAutor*innen: Norbert Jungmichel, Kordula Wick, Dr. Moritz Nill Stand: (Oktober 2021)

Rosali Lemke

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