Was mir insgesamt drei Wochen an der Grundschule gezeigt haben: wie viel Pädagogik in unseren Kleinsten steckt – und warum es sich gelohnt hat, wiederzukommen.
7:25 Uhr, Montag, 22. September 2025. Vor dem Raum der 2d wuselt es. Schulranzen schrammen, Nasen laufen, Kinder rangeln. Frau S. weist mir einen Platz in der Ecke zu. Blicke beäugen mich neugierig, während ich mir den Weg zu meinem Platz bahne. All das in einem Raum, der nostalgischer nicht sein könnte. Kaum sitze ich, ruft Frau S.: „So, Kinder, es ist schon seit einer Minute Lernzeit. Nehmt euer Heft und fangt an!“…
Dieses Praktikum an der Martin-Andersen-Nexö Grundschule hat mir viel beigebracht, mehr als ich erwartet hatte: wie Routinen Klassen beruhigen, wie viel kurze, klare Sätze leisten, wie anspruchsvoll es ist, Grundlegendes verständlich zu erklären – und wie stark ein gelungener Moment wirken kann. Ich schreibe, um zu zeigen, wie das Praktikum an der Nexö abläuft und wie erfüllend der Beruf der Lehrkraft sein kann.
Wie ich dort gelandet bin
Ich will schon länger wissen, ob Schule aus Lehrendenperspektive auch Spaß macht und zu mir passt. Nachdem ich im Frühjahr 2024 (vom 22.01. bis 01.02.2024) zwei Wochen miterleben durfte, melde ich mich erneut – diesmal mit der Motivation, noch hilfreicher zu sein und weiter an meinen Erklärfähigkeiten zu feilen. Eine kurze WhatsApp und zwei Mails an meine ehemalige Klassenlehrerin später stehe ich wieder im Foyer der Nexö. Gleicher Ort, neue Aufgaben.
Unterstützen & Anleiten
Der Tag beginnt meistens mit der Lernzeit. In der Lernzeit arbeiten die Kinder in ihren Heften. Die Aufgabenstellungen sind meist klar, weswegen ich nur selten Fragen beantworten muss. Um 7:45 Uhr beginnt schließlich der Unterricht. Mit dem Spruch: „Guten Morgen, Klassenzimmer. Ich bin da und cool wie immer. Mein Gehirn, das schalt’ ich jetzt ein, und das Quatschen lass’ ich sein.“ wird auch das letzte Kind freiwillig leise. Nun beginnt der Unterricht – meist Deutsch. In der 2. Klasse lesen die Kinder in der ersten Stunde oft selbstständig. Dazu gibt es Tandems, Zweierpaare von Schüler:innen, die entweder im Raum, in der Leseecke oder auf dem Flur lesen können. Meine Aufgabe ist, darauf zu achten, dass die Kinder sich gegenseitig laut vorlesen.
Der Tagesablauf wechselt: Deutsch und Mathe prägen die Woche; dazu kommen Werken, Musik, Kunst, Förderunterricht, Religion/Philosophie und Sport.
In den Stunden ist es meine Aufgabe, während der selbstständigen Arbeitszeit herumzugehen, Fragen zu beantworten und Tipps zu geben. Die Schwierigkeit hierbei: Nicht alle Kinder trauen sich zu fragen, wenn sie etwas nicht wissen. Deshalb ist genaues Beobachten gefragt, ob alle mit den Aufgaben zurechtkommen. Oft reicht schon ein kleiner Hinweis, um eine ganze Aufgabe ins Rollen zu bringen.
Die Hofpause
Hofpause heißt: Spaß. Also zumindest für die Kinder. Für mich bedeutet das: Aufmerksamkeit in alle Richtungen. Ich laufe meine Runden, schaue: Liegen die Kinder auf dem Boden, weil sie raufen – oder hat sich jemand verletzt? Sollte es zu einem kleinen Konflikt kommen, heißt es neutral bleiben: „Erst erzählst du mir, was passiert ist. Dann du.“ Manchmal reicht Zuhören, oft heißt es, einen Kompromiss zu finden. Eine besondere Herausforderung sind Kinder, die am Ende der Pause nicht hinein möchten. Da sind manchmal auch meine Kompetenzen am Ende – dann heißt es, auch für mich: Lehrkraft holen.
Momente die bleiben:
- Die neugierigen Blicke der Kinder, während sie mich ausfragen, wie alt ich bin, in welche Klasse ich gehe und was mein Lieblingsfach ist.
- Anhängliche Kinder, die mich auf dem Schulhof umarmen.
- Das eben noch bittertraurige Gesicht, weil die Aufgabe nur langsam vorankommt, hellt sich auf, als sie doch noch rechtzeitig vor der Pause fertig wird.
Menschen & Atmosphäre
Die Klasse ist vielseitig: schnelle Denker, langsame Tüftler, laute Ideengeber, stille Perfektionisten. Ich lerne, unterschiedlich zu helfen, ohne es unterschiedlich wert zu machen. Auch wenn es oft laut ist, bleibt die Atmosphäre angenehm – statt Baustellenlärm: Kinderstimmen. Auch die Lehrkräfte sind immer sehr freundlich. Die Stühle sind dafür etwas klein.
Was ich gelernt habe
Rituale schlagen Regeln. Ein klarer Start, ein wiederkehrendes Signal, ein sichtbarer Timer – und vieles ordnet sich von allein.
Sprache ist wichtig. Kurze Sätze, klare, konkrete Aufgaben sind wichtig, damit die Aufgabe verstanden wird – denn oftmals ist nicht die Aufgabe selbst, sondern herauszufinden, was zu tun ist, die Schwierigkeit.
Differenzierung ist wichtig. Bei gleicher Aufgabe muss man unterschiedlich helfen: Satzstarter, Beispiele aus dem echten Leben, Anschauliches.
Geduld ist aktiv. Warten heißt oft nicht Nichtstun, sondern aufmerksam bleiben.
Fazit
Das Grundschulpraktikum an der Nexö ist sehr angenehm und erfüllend. Die Arbeit mit kleinen Kindern kann sehr belebend sein. Aber die Wirkung auf lange Zeit ist nicht zu unterschätzen. Für mich wäre das ständige Beantworten der immer gleichen banalen Fragen auf lange Zeit zermürbend – egal, wie erfüllend einzelne Erkenntnismomente der Kinder auch sein mögen. Ein tieferer Blick in Vorbereitung und Planung fehlt; das ist im Rahmen eines Schülerpraktikums nachvollziehbar. Als Schülerpraktikum empfehle ich es trotzdem: frühe Startzeit, Schluss mit der Klasse, freundliche Atmosphäre – vorausgesetzt, man hält etwas Lärm aus. Außerdem hat mir die Woche Klarheit gegeben, wie gut Arbeit in sozialen/pädagogischen Bereichen zu mir passt. Persönlich kann ich mir den Beruf der Lehrkraft weiterhin vorstellen, jedoch eher bei älteren Kindern.
Schlussbild
… Auf dem Hof wirbelt der Wind eine Tüte über die Steine, irgendwo ruft jemand „Bis morgen!“. Eltern warten auf ihre Kinder, ich atme einmal die kalte Luft ein und sehe die Klasse durch das Fenster verschwinden. Viel Lärm, viele kleine Wege – und jeder führt heute ein Stück weiter.